Hurtigruten! südgående


Kirkenes heisst auch umdrehen, wenden, wieder südwärts nach Bergen. Aber auch, dass die Hälfte der Reise bereits vorbei ist. Pünktlich verlässt die MS Finnmarken den Hafen und gleitet durch die nächtliche Stille. Vadsø wird bei der Rückfahrt wie immer ausgelassen es geht direkt nach Vardø.

In Vardø dürfen die Eisschwimmer ihre Längen in der See schwimmen. Gerade mal 11 Personen, Frau wie Mann streiten sich um das 1 Grad kalte Wasser bei einer Aussentemperatur von -4 Grad. Frenetischer Jubel von den Tribünen am Hafenbecken, die Anzahl Fans übersteigt ein Vielfaches das der Protektoren im Wasser.

 Über Båtsfjord, Berlevåg, Mehamn, und Kjøllefjord geht es in umgekehrter Rheinfolge wieder durch die Barentssee. Der Unterschied, dies bei nicht mehr so freundlichem Seespiegel – die Barentssee zeigt sich von der eher bekannten unfreundlichen Seite. Den einen drückt es dabei ins Bett, andere an die Reeling oder Nasszelle.

Am Frühstückstisch hört man links wie rechts Gespräche über den Wellengang der vergangenen Nacht. Ich kann es kaum glauben, die MS Finnmarken hat wieder die norwegische See erreicht, Honningsvåg liegt auch schon hinter uns – es scheint als hätte ich doch tatsächlich eine sehr unfreundliche Barentssee verpasst. Nicht verpassen heisst es jetzt erstmal: frischen Lachs, das 3-Minuten Ei in Perfektion, eine Portion Butter und Nugati, dem norwegische Nutella und etwas Brot. Nicht zu vergessen, der für Mitteleuropäer eher sauer schmeckende Kaffee. Kurz gerüttelt nicht geschüttelt, die Weiterfahrt ab Havøysund.
Wir sind wieder unterwegs Richtung Süden, doch noch dauert die Nacht 24 Stunden. Täglich länger in den Süden ziehend, so werden wir den Tagesanbruch wohl erst wieder in Trondheim zu Gesicht bekommen.

Beinahe gänzlich verschwiegen werden die Nordlichter. Glaubt man dem Radar, so wären dies da, wären, wäre da nicht die penetrant in Erscheinung tretende Wolkendecke die uns die Nordlichter streitig macht.
10:45 sollte die MS Finnmarken in Hammerfest fest machen, doch Dank dem Wellengang von bis zu 5 Meter und etwas mehr Cargo Umschlag haben wir eine Verspätung von 1 Stunde eingefahren. Erste Meinungen unter den Gästen von wegen Flugverpassen in Bergen verbreiten sich sehr schnell. Dem sehen wir nicht so, und nehmen die Stunde Verspätung gelassen hin.

Øksfjord und Skjervøy die nächsten beiden Haltestellen bevor wir dann mitten der Nacht nach Tromsø kommen. Ein beliebter Ausflug ist das Mitternachtskonzert in der Eismeerkirche. Doch unsereeins verzichtet auf einen Landgang und verabschiedet sich unter die Bettdecke.

Harstad, Risøyhamn, Sortland, Stokmarknes sind die nächsten Häfen welche die MS Finnmarken anläuft. Wir verlassen die Region um Troms und gelangen nach Vesterålen – der schönste Teil der Hurtigrutenreise. Leider ist der Ausblick während der Morgendämmerung nicht so fantastisch wie bei vollem Tageslicht, und doch lässt sich das Betrachtende in etwa erahnen wie schön es hier wirklich ist.

Für einmal setzen wir uns in den Panoramasaal auf Deck 8 – weil noch fast unbesetzt sogar nach ganz vorne. Für einmal kommen die Dauerbesetzter zu spät zu IHREN Plätzen und wir ernten dafür mal etwas unfreundliche Blicke. Doch wen interessiert dies schon.
Wir geniessen das unglaubliche Panorama welches still an uns vorbeigleitet. Fast unbemerkt füllen sich um uns die leeren Sessel. Schnell ist die erste Reihe am Fenster voll, verdrängt es andere auf die Hinteren Stuhlränge.
Fast ausschliesslich Engländerinnen welche sich zum Dauerquaseln gruppieren. Anders lässt sich die Gespräche nicht erklären. Nein, wir sind nicht in einer Kirche, sondern auf Deck 8 im Panoramasaal und wollen wie andere die Aussicht auf das Panorama geniessen.

Die Strecke Tromsø Svolvær ist die schönste auf der ganzen Hurtigruten. Leider sieht das die Sonne nicht so und verschwindet wieder bevor sie überhaupt mal rausschaut. Doch was wir zu sehen bekommen, einal mehr eine grandiose Landschaft. Den Raftsund lässt sich in der Dunkelheit nur erahnen und den Trollfjord lassen wir wie auf der Nordtour wieder aus.

Bodø das Schiff 02:30 legt still und leise am Pier an. Die Überfahrt war weniger still und leise, doch unser Bett steht in Fahrtrichtung was bei Wellengang einen besseren Schlafkomfort bedeutet. Dennoch nicht zwingend vor Übelkeit befreit wird.

Beim Frühstück bereits Ørnes vorbei und steuern Nesna an. Sandnessjøen wie die beiden Häfen zuvor, sind Kurzaufenthalte. Brønnøysund mit einer Liegezeit von 90 Minuten gehen wir kurz an Land. Es ist Samstag und nach 16:00 Uhr, die Gehsteige sind alle hochgeklappt, der Himmelweint. Wohlwissentlich, dass sich unsere Reise langsam endet meldet sich auch das Wetter zurück. Während über dem Polarkreis gerade noch Schneeflocken zu sehen waren, regnet es nun. Die Sonne, schon längst wieder hinterm Horizont verschwunden machen sich die Regnerischen Wolken bemerkbar.
Das Anlegen in Rørvik nehmen wir im Restaurant mit einem dicken lauten Gruss aus dem Maschinenraum entgegen. Was jedoch am Essensverlauf nichts ändert.

In Trondheim legt die MS Finnmarken neben der nordgehenden MS Spitzbergen am Pier an. Obwohl die Liegezeit 3.5 Stunden ist gehen wir nicht von Bord, sondern geniessen nach dem Ausschlafen, ist ja schliesslich Sonntag, das Frühstück.

Die Ausfahrt aus dem Trondheimsfjorden eine Pracht. Nach 10 Tagen ohne Sonne lacht diese über dem Horizont mit einem breiten Lächeln entgegen. Im Wissen in einer Stunde ist gleich wieder weg, geniessen wir sie umso mehr.

Da war er der Fehler, vielleicht der Fehler der ganzen Reise. Ein Häppchen da, ein Häppchen dort – frischen Sashimi, ein Gedicht. Das Stück Lachs so fein, so zart, dies ohne Bearbeitung mit Gewürzen oder dergleichen, einfach nur roh – Himmlisch. Eine Variante mit Zitronensaft, etwas Knoblauch und Ingwer – unbeschreiblich. Wetten bei den Interessierten gibt es 6 Monate Zuhause keinen Lachs mehr!
Wenn wir in Kristiansund einlaufen wird es bereits wieder dunkel sein. Die Tage werden spürbar wieder länger, und dennoch, sind sie für uns sehr kurz. 30 Minuten Aufenthalt – nein wir bleiben an Bord und schauen vom Balkon runter ins Geschehen am Pier.
Molde unsere letzte Station heute. Wir geniessen das letzte Nachtessen von der Reise und lassen Molde aus. Im Wissen Morgen ist der letzte Tag auf der MS Finnmarken kuscheln wir uns ein letztes Mal in die Decken.

Auf Deck 8 gibt es eine Demonstration – Lachs filetieren. Heute Morgen sei der Fisch noch im Wasser geschwommen und jetzt auf dem Tisch liegend, bereit zur Beförderung zu Sushi und Sashimi. Gekonnt führt der Küchenchef das Messer um die Kiemen bevor er am Schwanz ansetzt und die Klinge dem Körper nach vorne drückt. Ja – das Messer ist scharf, sehr scharf. Nimmt die Filetranche und entfernt mit Pinzette Gräte für Gräte. 28 Gräte soll ein Lachs haben. Interessierte hat es nicht viele, doch jedem der Zuschaut läuft das Wasser im Munde zusammen. Man sieht es den Augen an – wann kann ich endlich ein Stück davon bekommen? Nur ein kleines Stück zum probieren – ein klitze kleines.

Ålesund, Torvik, Måløy, Florø sind noch ein paar Häfen vor dem Frühstück. Danach biegt die MS Finnmarken auf der Zielgeraden Bergen ein und wir am packen der Koffer.

Um 10:00 Uhr muss nicht nur das Gepäck in Koffern verpackt sein, sondern spätestens dann bei den Aufzügen deponiert werden. Bordeigene Trolle wird dieses unbemerkt zum Baggage Claim, auf Neudeutsch Gepäckausgabe, im Terminalen Bergen transportieren. Unsereins in den Suiten dürfen bis 12:00 Uhr verbleiben, das Gepäck dennoch 10:00 Uhr bereitstehen muss.
Die Wolken hängen tief, der Himmel weint. Anders ist der Blick aus dem Fenster nicht zu beschreiben. Für einmal sieht es so aus, dass sich Bergen von seiner wahren Seite zeigt, die des Regens. Nicht umsonst ist Bergen die regenreichste Stadt Europas. Nein unser Balkon ist heute nicht besetzt, es sei denn das Wetter….. wir sind nicht zuversichtlich.

14:30 Uhr Zieleinfahrt Bergen. Es heisst Tschüss sagen der MS Finnmarken. Herzlichen Dank der ganzen Crew. Ein paar haben wir nie zu Gesicht bekommen und Trotzdem waren sie alle für uns da – 24h pro Tag – bei jedem Wetter, bei jedem Seegang – herzlichen Dank.