Venedig


BERN: Ding, Ding, Dong……“Information Gleis 6…. der Intercity nach Thun, Spiez, Visp, Brig hat eine Abgangsverspätung von ca. 10 Minuten!“…… – nah das fängt ja schon mal gut an.Für einmal nehme ich nicht den Flieger oder Auto um irgendwo hin zu kommen, sondern die Bahn. Für einmal geht es nicht nach Norwegen, sondern nach Venedig.

Venedig
eine Fotoreise in die Stadt der Kanäle, eine Fotoreise in die Stadt der Geschichte

BRIG: Die 10 Minuten Abgangsverspätung auf der Lötschbergstrecke locker wieder aufgeholt, dem Umsteigen vom IC in den EC aus Genève Richtung Venedig stand nichts mehr im Wege.
Ausser vielleicht der Zeit wegen um von A nach B zu kommen war die Idee für einmal den Zug anstelle dem Flugzeug zu nehmen, nicht sonderlich anders. Die Kaffeebar schlich vorbei, das Rütteln der Weichen fühlt sich in etwa gleich an wie die Luftlöcher auf 36’000 Fuss. Das Rauschen der Meeresbrandung….ähmm Deckenlüftung, störte die Reisenden mit Kurzhaarfrisur nicht wirklich, ausser, dass der oder die andere mal eben den Reissverschluss an der Jacke hochzog. Draussen geschätzte regnerische 12 Grad Novembertemperatur. Im Zug – ja, es war wärmer. Die Bestuhlung im EC erinnerte etwas an das innere eines Flugzeuges, doch die Bildschirme an der Decke – vor etwa 10 Jahren gerade noch knapp als Standards in den Flugzeugen – zeigen irgendwelche touristische Werbung welche die Reisenden nicht wirklich interessiert. Ganz anders in den Flugzeugen. Heute hat jeder Sitz seinen eigenen Bildschirm mit persönlich zurechtgebogener Unterhaltung….. In den Zügen wird diese Ausrüstung wohl erst in einer übernächsten Generation vermutlich als Standard eingebaut werden. Doch alles in allem ist der topmoderne Zug von Heute das Mitglied eines Museums von Morgen. Ansonsten erinnerte vielleicht das mit der vorbei fliegenden Landschaft daran, dass wir nicht in der Luft waren.
MILANO Centrale – nach 20 Minuten Aufenthalt geht es weiter Richtung Venedig.
Der Zug rollt über die Geleisanlagen und Weichen als hätte das Fahrgestell „einen oder gleich mehrere Platten“. Kaffeetrinken – vergiss es, deine Kleider werden es dir danken. Würde mich nicht erstaunen wenn jetzt die Sahne in der Bordküche für das Dessert zubereitet wird – Zug ähmm Hand geschüttelt, nicht gerührt! Die Strecke wird mit Tempo 200, Vollgas eben, befahren. Doch die Rückmeldung vom Fahrgestellt gleicht das Befahren der Geleise eher einer Buckelpiste mit Hartgummireifen, als mit einer für eine schweizerisch gewohnten Rennstrecke mit Softfederung. Das letzte mal als ich einen Zug mit solchem Fahrgefühl bestieg, so war das vor Kurzem die Zahnradbahn auf die „Schinige Platte“ im Berner Oberland und die stammt aus dem Jahre 1905. Doch wollen wir für einmal etwas nachsichtig sein, und das Ganze mit Jammern auf hohem Niveau belassen.

Milano liegt hinter uns und es geht mit Vollgas über die Ebene der Lombardei Richtung Laguna Veneto – nächster Halt: BRESCIA
Über Peschiera del Garda, Verona P.Nuova, Vincenza, Padova, Venezia Mestre, geht es mit Tempo 200 ungebremst durch die Gegenden von Lombardei und Venetien bis nach Venezia S.Lucia.
14:50 Uhr, mit 10 Minuten Verspätung treffen wir in Venedig ein. Erst einmal heisst es nach dem Gepäck greifen und ausserhalb vom Bahnhof den Vaporetto-Ticketschalter zu finden und ein  ÖV-Ticket für die bevorstehende Woche lösen.

Venezia – S.Luzia

Noch sind keine 10 Minuten vergangen und bereits stehe ich mit Ticket auf dem Vaporetto der Linie 2 – für mich nächste Haltestelle: Rialto. Ab Rialto bis zum Hotel erfolgt dann zu Fuss. Der eher unfreundliche Kofferträger welcher an der Rialto seine Dienste anbietet, erhält heute keinen Auftrag von mir. Ganz im Gegenteil, Heute schleppe ich für einmal die Koffer.
Rialto, rechts, diagonal über den Platz, durch die Häuserzeile hindurch, gleich dahinter über die Brücke, gerade aus bis kurz vor Bruno, und rechts durch die schmale Gasse bis…….. Hotel Canaletto. So in etwa der kurze Wegbeschrieb von der Rialto Brücke bis zum Hotel. Einen Stadtplan – für was denn? Der Weg ist doch bestens beschrieben. Wie war das doch gleich…. erst rechts und dann…. ah ja – passt perfekt. Sogar das Hotel steht da wie beschrieben.

Beim Frühstück werden erste Erfahrungen ausgetauscht. Was für den einen mit Leichtigkeit geht, hat der andere grösste Schwierigkeiten die Einstellungen an der Kamera für sein Bild, das Bild, zu finden. Doch schon bei der nächsten Einstellung, genau Umgekehrt. Aller Ratschläge zum Trotz – ungleiches Equipment fordern ungleiche Einstellungen. Allfällige persönlichen Finessen für das Bild sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt.

Hotel Canaletto

17:00 Uhr ein erstes Treffen mit den Kollegen welche ebenfalls an der Fotoreise Venedig teilnehmen. Noch Lachen wir alle sechs, doch bei der Einführung ins Kursprogramm fällt der Ausdruck 06:15 Uhr. Nein das ist nicht die Zeit fürs Frühstück, sondern der tägliche Zeitpunkt für die erstes Shooting bei Sonnenaufgang – Frühstück, gibt es später ab 07:45 Uhr. Das Reiseprogramm scheint ziemlich zeitintensiv zu werden. Kurz zusammen gefasst: Mit den Hühnern aufstehen und mit den Füchsen ins Bett. Doch erstmal gehen wir beim Eindunkeln zum San Marco Platz die eine oder andere Location mit Test-Klick anschauen.

Verwackelt, unscharf, Unter- oder Überbelichtet, das ganze Programm eben, so lassen sich grob die Ergebnisse der ersten Fotos beschreiben. Nicht mehr als sehr bescheiden ausgefallen. Nicht weiter erstaunlich, war dies ein Versuch bei abendlicher Dunkelheit und ohne Stativ ein erstes Bild zu finden. Interessant zu sehen wie einfach du mit der kleinsten Pfütze ein Bild herzauberst, in dem du die schönsten Spiegelungen findest. Eine Laube mit Deckenleuchten, gefolgt vom Schattenbild derer. Die Perfektion des Bildes dazu, egal, den Inhalt musst du sehen – den Rest erledigen wir später. Für einmal das Stativ nicht dabei, die Schärfe etwas im Hintergrund der Perfektion, dennoch hast du unzählige Möglichkeiten ein Bild zu finden. Zum Einstimmen auf die kommenden vier Tage, allemal sehr interessant und fordernd des geistigen Auges.

Obwohl erst 06:15 Uhr sehen wir uns auf dem San Marco Platz wieder. Diesmal mit Stativ im Gepäck dank welchem die Bilder zu den gestrigen sofort markant besser werden. Ruhige Positionen, entsprechend längere Belichtungszeiten. Das Bild nahe der eigenen Perfektion. Doch auch da, es gibt noch viel zu korrigieren. Dann wieder ist das Stativ das, was einem wieder Grenzen setzt – zu gross, zu klobig, steht im Wege. Alternativen müssen her, Alternativen wie Auflager auf Geländer, Tischen, Mauerecke, oder dem mitgebrachten Kirschenkernkissen. Ansonsten sind kurz gesagt, wieder die Bilder „aus der Hand“ gefragt ist. Gestern noch fraglich warum ohne Stative auf Motiv suche, ein paar Stunden später gibst du dir selber die Antwort dazu. Ein Motiv und mehrere Möglichkeiten der Aufnahme. Varianten mit oder ohne Stativ haben ihre Berechtigung – es gibt kein ja, oder nein – ein vielleicht, ja.
Weiter geht die Jagd quer durch Venedig. Ein Slalom durch die engen Gassen, mal links mal rechts, eine nächste Brücke. Kein Motiv ist vor der Linse sicher – ausser einer der wenigen Touristen steht im Weg.  Oder du siehst sie nicht. Ja es hat ein paar, nein nicht Motive, Touristen. Welche es mehr davon gibt – Motive oder Touristen? Ich behaupte einmal unentschieden.
Touristen hin oder her, es ist November, es ist Aqua Alta. Jeder der jetzt keine Gummistiefel trägt, hat verloren.

Beim Frühstück werden erste Erfahrungen ausgetauscht. Was für den einen mit Leichtigkeit geht, hat der andere grösste Schwierigkeiten die Einstellungen an der Kamera für sein Bild, das Bild, zu finden. Doch schon bei der nächsten Einstellung, genau Umgekehrt. Aller Ratschläge zum Trotz – ungleiches Equipment fordern ungleiche Einstellungen. Allfällige persönlichen Finessen für das Bild sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt.

Burano

Die Wetterprognosen und das Wetter sind nicht der gleichen Meinung. Der eine regnet der andere, solala. Trotzdem, man entscheidet sich für Burano. Der Weg nach Burano findet sich erst mit einem „Spaziergang“ zum Steg von Fondamenta Nuova. Der Weg zum Steg Fondamente Nova ist für Venedig gesehen, einer der leichteren. Dennoch sind die vielen Richtungsänderungen in den zum Teil sehr engen Gassen nicht zu unterschätzen. Wenn dann die einen nervös und konsterniert den Weg suchen, hat mir in solchen Situationen schon mein oft eigener interner Kompas beim Rückweg ausgeholfen.Fondamenta Nuova: Das Vaporetto der Linie 12 bringt uns in 40 Minuten ins östlich gelegene Burano.
  
Burano strotzt nur so von Farben. Die Fassaden der Häuser gleichen einem Regenbogen. Grün reiht sich an rosa, gelb an blau, rot an orange und wieder  grün gefolgt von pink oder violett. Knallig bunt, gemischt mit Erdfarben – das ganze Farbenspektrum steht im Angebot. Selbst bei bewölktem Himmel wirken die Farben als wollten sie dir entgegenkommen und dich Einladen zusammen die Umgebung zu geniessen.Motive sind schnell gefunden, doch die Einstellungen der Kameras zu finden, umso schwieriger. Fragt sich doch ein jeder wie die Farben möglichst authentisch wiedergegeben werden können. Während die Kolleginnen und Kollegen mit weniger qualifiziertem Equipment so ihre Probleme mit finden der Einstellungsmöglichkeiten ihrer Kamera haben, zeigt sich meine D3x doch flexibler. Flexibler im Hinblick auf die Möglichkeiten welche die D3x bietet. Heisst aber nicht, dass ich die dann auch finde und mich erst mal etwas schwertue. Versuchen wir es mal mit: M, ISO 125, f6.3, 1/50.
Für den Anfang nicht schlecht – die Einstellung. Doch das Schattenspiel in der Fassadenfläche nagt etwas an meinem Selbstvertrauen zu den Einstellungen. Blende hoch oder runter? ISO OK? Belichtungszeit… hmmm. Ein, zwei Korrekturen – ich lasse die Einstellung wie gehabt. Letzte Änderungen, die eine oder andere Korrektur werde ich nach dem Auslesen mit Lightroom sofern notwendig an dem jeweiligen Bild noch machen.

Eben noch bewölkt, blinzelt für ein paar Minuten die Sonne an den Wolken vorbei. Wir alle wollen das Sonnenlicht nutzen und finden die nächste interessante Fassade. Schnell noch die Einstellungen anpassen – M, ISO 125, f8, 1/80 – und die „brasilianische Wand“ findet mit 48MB RAW ihren Platz auf der Speicherkarte. 90 Grad in der vertikalen Drehen und die rot-blaue Fassadenkombination ist ebenfalls auf dem Speicher. Dank der hohen Bildgrössen welcher die D3x und das RAW-Format mit sich bringt, wird die Speicherkapazität von 32GB schnell mal sehr klein. Doch für Heute reicht die Kapazität gerade noch aus. Doch im Hotel sollte ich es nicht verpassen die Karte auf den Laptop zu überspielen.

Am Nachmittag bringt uns die Linie 12 wieder nach Venedig zurück, welches uns mit leichtem Regen erwartet.

Nächster Treffpunkt: 16:45 Uhr – Accademia Brücke

Wieder einmal ist Essen angesagt. Wir finden das am Vortag reservierte Restaurant „Remer“ in einer sehr kleinen Ecke welcher der Tourist ohne Kenntnis davon nicht findet. Die Wände mit Klinker aus dem vorherigen Jahrhundert, das Interieur nicht minder jünger. Dennoch die Ambiente gerade zu genial. Einzig die neuzeitliche Musik aus den ebenfalls neuzeitlichen Boxen an der Decke herunter hängend, dürfte etwas leiser. Die Karte mit etwa 25 Gerichten kurz und knapp gehalten versprechen eine interessante Vielfälltigkeit aus der Küche. Neben Pizza, Pasta findet der Besucher Venedig’s sehr viel Fische und Meeresbewohner auf der  Speisekarte. Für mich gibt es Heute grosse Ravioli mit Fischfüllung an einer Sauce Martini Bianco. Wie sich herausstellen sollte habe ich die perfekte Auswahl getroffenen.

Leider gibt es nicht nur gutes über das Essen in Venedig zu berichten. Ein negativer Punkt: Das Kaffee und was dazu gehört. Nein die Kaffee’s sind gut, die Latte Macchiato und das „Doppio“ sowieso. Egal wie viele „Kafis“ ich intra genommen habe, es gab nicht ein einziges Cantuccini dazu. Das geht nicht!!

Der Wecker schreit morgen früh erneut um 05.45 Uhr, der Abend fällt entsprechend kurz aus – Lichterlöschen nach dem Auslesen der Speicherkarte in den Laptop um 23:30 Uhr.

Der November in Venedig ist bekannt für Aqua Alta. Dem Zeitpunkt welcher das Wasser bei Flut die Promenadenkante überschwappt, und gewollt das Wasserbecken verlassen will. Die Folge daraus, mehrere Plätze und Gassen melden Land unter. Nicht viel in der Höhe, doch bis zu 25 Centimeter können da schnell einmal nachgemessen werden. Um zu vermeiden dass allfällige Touristen mit Venedig von wegen nassen Füssen und Kleider in dem Clinch kommen, bauen hilfreiche Mitarbeiter der Städtischen Werke tagtäglich zwei mal Stege auf, damit besagte Touristen trockenen Fusses über den San Marco Platz gehen können. Könnten wäre wohl eher angebracht zu sagen. Dem ist jedoch nicht so. Der Tourist gekonnt in Stiefel aus Gummi oder Plastik geschlüpft, hüpft mit all seiner Freude durch das Schwimmbecken vom San Marco. Wer kann schon von sich behaupten das Schwimmbecken San Marco in einer Rekordzeit durchwatet zu haben. Bis eben der eine oder beim Eindringen von Wasser gewisse Laute, unfreundliche Laute von sich gibt, jubeln alle ihrem persönlichen Rekord entgegen.

Es gibt auch Ausnahmen. Jene der unzähligen Fotografen. Perfekt ausgerüstet mit technisch hochmotivierendem, höchst professionellem Equipment. Gummistiefel wie beim Kutscher der früheren Gotthard-Postkutsche, weit über die Knie hinaus. Früher noch in Leder, heute der Moderne angepasst in moosgrünem Gummi. Was also spricht gegen ein perfektes Bild „Haus mit Gartenstuhl im Wasser“ gepaart mit Spiegelungen von der Wasseroberfläche – die zu langen Beine. Runter auf die Knie, Fotoapparat knapp über der Wasseroberfläche gehalten, Werte akribisch eingestellt, Scharf stellen, ruhige Position einnehmen – Klick, Klick, Klick. Blickkontrolle auf den Display vom Kameragehäuse – Spiegelung, Belichtung – perfekt. Ein Profi ist am Werk.

Aber Achtung, wer einmal auf den Knien ist, muss auch wieder hoch. Vorbei ist es nun mit dem Profi. Postillion-Stiefel gefüllt, gefüllt bis oben hin, Hosen triefend nass. Jacke im Bereich der Hüfte Nass. Egal. Strahlend vor Freunde am gelungenen Bild schreitet der Fotograf mit neuem Rekord durch das Schwimmbecken von San Marco Richtung Trockenraum. Treffend, für das eine oder andere Bild gehen manche ungeahnte Risiken ein.

 

Eine nächste Location ist der Fisch- und Gemüsemarkt, welche vor allem in den frühen Morgenstunden fotografisch interessant ist. Bisher waren die Motive sehr freundlich zu uns. Nicht so am Fischmarkt. Stillsitzen war überhaupt nicht gefragt. Während sich die Fische in Gemütlichkeit ihren Liegeplatz fanden, stritten sich andere um diesen. Je kleiner die Meeresbewohner, je beweglicher und damit unfreundlicher sie zu und waren. Der Dompteur hinter der Auslage stehend, sortiert auf Wunsch eine bescheidene Auswahl der  Meeresbewohner, zusammengerollt auf in Papier und Tüte.

Doch genug der Worte – die Motive sind gefragt…..